1. Software

Roomeqwizard hat nicht so zuverlässig funktioniert wie ich mir das vorgestellt habe; dann habe ich MATAA gefunden, was mir sehr sympathisch erschien. Aber auch das ging zunächst nicht so gut wie gewünscht, weswegen ich daran noch programmiert habe. Der Code mit meinen Erweiterungen ist dort: https://github.com/jotwewe/mataa

2. Hardware

  • USB-Interface Logilink UA0099

  • TS472 als Mikrofonverstärker, Platine für wenige Euro im Internet bestellbar. Der rauschte deutlich weniger als ein anderer (mit MAX4466), vor allem mit schlechter Spannungsversorgung. Spannungsversorgung trotzdem über eine Li-Zelle aus defektem Laptop.

Die verwendete Hardware hat vielleicht keinen linearen Frequenzgang, also muss man sich darum so gut es geht kümmern. Referenzgeräte konnte ich in der Zeit nicht auftreiben.

2.1. Ausgänge

Zunächst habe ich über den Kopfhörerausgang vom Laptop und den vom UA0099 einen Sweep von 10 Hz bis 22 kHz ausgegeben und das Signal am Oszilloskop betrachtet. Im interessanten Frequenzbereich kann man beide Signalausgänge als hinreichend linear betrachten.

2.2. Eingänge, Referenzsignal

MATAA bietet bei jeder Messung die Möglichkeit auch ein Referenzsignal zu messen und das eigentliche Messsignal auf diese Referenz zu beziehen.

Wenn man das nicht tut und den Signalausgang direkt mit dem Eingang verbindet, kann man den Frequenzgang vom ADC messen — nachdem der Frequenzgang vom Testsignal bekannt ist, siehe oben.

Bei allen Lautsprechermessungen habe ich jedoch das Referenzsignal mit einbezogen, so das diese Messung zwar interessant war, aber für das weitere Vorgehen nicht wichtig.

Auf einem Kanal wird also das Signal vom Mikrofon aufgenommen, auf dem anderen der Ausgang vom Verstärker, also das an den Lautsprecher angelegte Signal (direkt, ohne Spannungsteiler).

Weil beide Signale über gleichartige Eingangsstufen und ADC gewandelt werden und das Messsignal auf das Referenzsignal bezogen wird, sind deren Frequenzgänge nicht relevant, tauchen nicht im Ergebnis auf. Das gleiche gilt für den Frequenzgang des Leistungsverstärkers, weil er im Referenzsignal mitgemessen wird. Das kann man leicht testen indem vier Messungen mit/ohne Referenzsignal und mit neutraler/verbogener Verstärkereinstellungen verglichen werden.

2.3. Mikrofonverstärker

Auch der Mikrofonverstärker hat einen Frequenzgang und dieser muss betrachtet werden, weil nur das Messsignal über diesen Verstärker läuft, nicht aber das Referenzsignal.

Vorgehen zur Messung in MATAA: ein Kanal des Kopfhörerausgangs wird direkt mit den Line-Eingang verbunden, der andere läuft über den Mikrofonverstärker.

Die weitere Vorgehensweise zur Erzeugung einer Korrekturdatei mit dem Frequenzgang erfordert noch viele Aufrufe, aber die kann man einfach so kopieren, lediglich die Kanalzuordnung muss stimmen. Wenn sie vertauscht ist, wird man einen unerwartet verbogenen Frequenzgang sehen.

Testsignal erzeugen:

fs = 48000;
ts.sweep = mataa_signal_generator('sweep',fs,3,[10 22000]);

Kanalzuordnung entsprechend der eigenen Hardware:

mataa_settings('channel_DUT', 1)
mataa_settings('channel_REF', 2)

Messen:

res = raa_measure_speaker({ts.sweep}, fs, 'ts472', {}, 0, 1);

Impulsantwort berechnen:

ir = raa_calc_IR(res);

Frequenzgang berechnen:

[m.mag,m.phase,m.f] = mataa_IR_to_FR(ir{1}.h,ir{1}.fs);

Glätten…

[f.mag,f.phase,f.f] = mataa_FR_smooth(m.mag,m.phase,m.f,1/8);

…damit auch wenige herausgegriffene Punkte den Verlauf gut beschreiben:

d.f     = mataa_octspace(12, 20e3, 4);
d.mag   = interp1(f.f,f.mag,d.f);
d.phase = interp1(f.f,f.phase,d.f);

Speichern:

mataa_export_FRD(d.f,d.mag,d.phase, '', 'TS472.txt');

…und jetzt muss diese Datei noch wenig editiert werden…

2.4. Mikrofon

Verschiedene Mikrofone (was im bisherigen Elektronik-Bastelleben hier und da ausgebaut wurde) getestet. Frequenzgänge in Datenblättern bei Elektronikversendern unterschieden sich nicht wesentlich, es wurde nichts extra bestellt.

Mikrofone durch Messung miteinander verglichen. Die Frequenzgänge von einigen Teilen der Signalkette wurden dabei kompensiert, trotzdem betrachte ich das nicht als absolute Messwerte, sondern nur als Vergleich dieser Mikrofone. Der verwendete Treiber hat eine Resonanzfrequenz von 56 Hz, ich weiß nicht mehr ob oder wie er eingebaut war. Sicher ist nur, dass es Nahfeldmessungen nur an der Lautsprechermembran waren.

Messungen sowohl als Sweep von 10 Hz bis 22 kHz, aber auch MLS mit 0,4 Sekunden Dauer. Wie üblich unterschieden sich die Ergebnisse der verschiedenen Testsignale nicht.

Die rohen Messwerte: mikros.png

Hier wurden alle bei 170 Hz auf 0 dB verschoben: mikros_verschoben.png

In dem für mich interessanten Bereich verhalten sich alle praktisch gleich, ein besonders hoher oder niedriger Ausgangspegel ist nicht erforderlich.

Für die eigentlichen Messungen nehme ich einfach an, dass das Mikrofon im interessanten unteren Frequenzbereich einen konstanten Frequenzgang hat.

Ich habe für die letzten Messungen eines der Mikrofone mit 6 mm Durchmesser benutzt, weil dann kein so großes Loch für Messungen in der Box gemacht werden muss. Es wurde direkt vor einem Messingrohr mit 6mm Außendurchmesser befestigt (man sieht es später auf Fotos).

2.5. Verstärker

Ich habe einen Sony "STR-DE 485E" in neutraler Einstellung benutzt und das Signal optisch (S/PDIF) vom UA0099 eingespeist. Dabei muss man beachten, dass die Kiste dabei irgendwie abschaltet und nicht verzögerungsfrei einschaltet, wenn per S/PDIF Dauer-Stille ausgegeben wird. Bei einer Kette von Burstsignalen fehlt dann ständig etwas, bei anderen Signalen nur der Anfang. Man darf also bei Stille nicht exakt Null ausgeben, sondern ein minimal größeres Signal. Meine modifizierte MATAA-Version tut das.

Mit der hier beschriebenen Hardware zur Messung muss der Verstärker übrigens ein analoger Verstärker sein. Eine digitale Endstufe (Class D) ist nicht ohne weiteres nutzbar, vor allem wenn sie aus der gleichen Spannung versorgt wird wie die Messhardware.

2.6. Übersteuerung?

Bei jeder (wesenlich veränderten) Messung sollte man prüfen ob an irgendeiner Stelle der Messkette eine Übersteuerung auftaucht.

MATAA zeigt die Übersteuerung des ADC an.

Ich habe in meinen MATAA-Messcode nach jeder Messung die Ausgabe des Zeitsignals eingebaut, daran kann man mit dem Sweep als Testsignal einigermaßen sehen, wenn die analoge Elektronik (der Mikrofonverstärker) übersteuert wird — der Sinus erscheint dann zunehmend verbogen.


Letzte Änderung: 19.12.2020 19:46
Jens W. Wulf

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